Beratungen über den Haushalt 2019

22. November 2018

Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrter Herr Stadtkämmerer,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Stadtkämmerer Robert Scheller hat für das Haushaltsjahr 2019 einen Rekordhaushalt vorgelegt. Die Steuereinnahmen sind auf nie gesehenem Niveau. Für die Gewerbesteuer können alleine 99 Millionen Euro angesetzt werden – das sind 10 Millionen Euro mehr als noch für das Jahr 2018 angesetzt werden konnten. Der Ansatz für den Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer steigt im Jahr 2019 ebenfalls im Vergleich zu 2018 um 1 Million Euro auf 79 Millionen Euro. Diese hohen Steuereinnahmen sind die Grundlage für unseren finanziellen Handlungsrahmen. Sie sind das Ergebnis einer starken Wirtschaftsleistung unseres Landes, wie auch in unserer Stadt.

Die überaus gute Einnahmesituation macht es möglich, dass wir auch weiter auf höchstem Niveau investieren. Dies macht schon der von Stadtkämmerer Robert Scheller vorgestellte Haushaltsentwurf deutlich.

Natürlich gibt es – wie jedes Jahr – auch Vorschläge für Nachbesserungen. Die SPD-Stadtratsfraktion stellt in den diesjährigen Haushaltsberatungen rund 30 Anträge mit einem Volumen von rund 3,5 Millionen Euro. Da wir wissen, dass dies die Möglichkeiten der Stadt überschreiten würde, machen wir zwei Vorschläge für Einsparungen in Höhe von 1 Million Euro. So ergibt sich im Saldo ein Antragsvolumen von 2,5 Millionen Euro. Dies ist ein Betrag der gerade noch im Rahmen der globalen Minderausgabe finanziert werden kann.

Leider sehe ich aber auch, dass es Fraktionen gibt, die jegliches Maß bei den eigenen Anträgen verloren haben. Bei der CSU komme ich in der Addition auf Anträge in Höhe von über 7 Millionen Euro. Dem gegenüber stehen Einsparungsvorschläge in Höhe von 650.000,- Euro. Liebe Frau Dr. Bötsch, da frage ich mich: haben Sie ihre Fraktion nicht im Griff oder hat der Oberbürgermeister seine Fraktion nicht im Griff? Beides ist zweifelsohne ein Problem.

Die SPD-Fraktion setzt in den Haushaltsberatungen fünf politische Schwerpunkte und bringt diese in die Haushaltsberatungen ein.

Der erste Schwerpunkt ist die Schaffung von neuem Wohnraum

Fehlender Wohnraum ist – egal ob für Besserverdienende, Normalverdienende, Geringverdienende, Sozialleistungsbezieher oder Studierende – eines der größten Probleme in unserer Stadt. Deshalb haben wir im März 2016 das Handlungskonzept Wohnen beschlossen. Hierdurch wurden die Grundlagen der Stadt Würzburg für mehr Wohnraum festgesetzt. Als Folge sollen weitere Baugebiete, z.B. in Lengfeld und Versbach, entstehen. Die Planungskosten für die Bauleitplanung in Lengfeld und Versbach finden sich jedoch nicht im Haushaltsentwurf der Stadtverwaltung für das Jahr 2019. Deshalb beantragt die SPD-Stadtratsfraktion:

  • 90.000,- Euro Planungskosten Bauleitplanung Wohngebiet Lengfeld 22 B,
  • 25.000,- Euro Planungskosten Bauleitplanung Wohngebiet Lengfeld Carl-Orff-Straße und
  • 40.000,- Euro Planungskosten Bauleitplanung Wohngebiet Versbach Vierwindenweg.

Hierdurch soll der dringend benötigte Wohnraum in Würzburg entstehen. Aber damit ist es nicht getan. Wir müssen schneller bei der Schaffung von neuem Wohnraum vorankommen. Es kann nicht sein, dass der Stadtrat 2016 ein großes Handlungskonzept Wohnen beschließt und die Stadtverwaltung in der Folge nicht die nötigen Planungsmittel für die Bauleitplanung in den Haushalt einstellt.

Den zweiten Schwerpunkt setzt die SPD-Fraktion bei der Straßenbahnlinie 6

Auch weiterhin hat der Bau der Straßenbahnlinie 6 zum Hubland höchste Priorität für die SPD-Stadtratsfraktion. Dafür hätte es auch gar keinen Dieselskandal, keine Fahrverbote und keine steigenden Benzinpreise gebraucht. Nein, wir waren schon immer der Überzeugung, dass die Straßenbahn das ökologischste Verkehrsmittel im ÖPNV ist. Deshalb beantragen wir eine zusätzliche Million für die Aufstockung der Sonderrücklage für die Straßenbahnlinie 6 zum Hubland.

Einen Seitenhieb kann ich mir an dieser Stelle nicht verkneifen. Herr Stadtkämmerer Scheller, Sie haben in Ihrer Haushaltsrede gesagt: „Die Verschiebung von 1 Million Euro von der allgemeinen in die Sonderrücklage [Anmerkung: in den letzten Haushaltsberatungen] war haushaltsneutral und so kosmetisch wie Merz Spezial Drages“. Ich entgegne Ihnen: Nein, das war es nicht! Ohne diesen Antrag hätte die Stadtverwaltung nie einen Vorschlag vorgelegt, dass mit Abschluss der Haushaltsrechnung 2017 weitere 4 Millionen Euro in die Rücklage für die Straßenbahnlinie 6 eingestellt wurden. Ohne diesen Antrag stünden wir weiter bei 0 Euro. Und ich sage Ihnen weiter: Die Stadtverwaltung ist doch selbst schuld! Bis zum letzten Jahr haben Oberbürgermeister und die Spitze der Stadtverwaltung den Eindruck vermittelt, dass sie die Linie 6 im Schlafwagen auf das Abstellgleis fahren wollen. Da brauchen Sie sich nicht wundern, wenn die Befürworter der Linie 6 alle möglichen Hebel in Bewegung setzen um den Bau voranzubringen.

Und seien Sie sich sicher: wir werden mit Adleraugen auf die Verwendung der Sonderrücklage für die Straßenbahnlinie 6 achten. Natürlich wissen wir, dass zahlreiche von Ihnen viel lieber anderes damit vorhätten. Wenn mir einzelne Stadträte aus dem konservativen Lager frech ins Gesicht lachen und darauf verweisen, dass es ja „Rücklage Straßenbahn“ heiße, und man damit ja auch die Anschaffung der neuen Straßenbahnwägen bezahlen könne, dann wissen wir woher der Wind weht und dann ist auch heute noch größte Gefahr im Verzug.

Ich erkenne aber ausdrücklich auch an, dass Stadtkämmerer Scheller im letzten Jahr deutlich hat erkennen lassen, dass er den Bau der Linie 6 unterstützt. Die Zuführung zur Sonderrücklage Straßenbahnlinie 6 in Höhe von 4 Millionen Euro bei der Haushaltsrechnung 2017 war maßgeblich sein Verdienst. Diesen klaren Kurs würde ich mir auch von anderen Vertretern der Verwaltungsspitze wünschen. Spätestens nach dem Diesel-Skandal und vermehrten Fahrverboten sollten wir doch nicht mehr über den Sinn und Zweck einer Straßenbahnlinie diskutieren. Und nie war die Fördersituation besser!

Unseren dritten Schwerpunkt setzen wir im sozialen Bereich

Als SPD-Stadtratsfraktion setzen wir uns besonders für benachteiligte Menschen ein. Aus unserer Sicht schenkt der vorgelegte Haushaltsentwurf benachteiligten Bürgerinnen und Bürgern zu wenig Beachtung. Deshalb bessern wir hier nach und machen mit zahlreichen kleineren Anträgen Ergänzungsvorschläge. Ich nenne an dieser Stelle:

  • Erhöhung des Nothilfefonds für Kinder um 15.000,- Euro
  • Erhöhung des Nothilfefonds für Senioren um 15.000,- Euro
  • 40.000,- Euro für die Einrichtung von zwei weiteren Übergangswohnungen der Frauenhäuser
  • Erhöhung des Zuschusses für die Frauenberatung von Wildwasser um 10.000,- Euro
  • Erhöhung des Zuschusses für die Frauenarbeit des Hauses Antonia Werr
  • 58.000,- für die Einrichtung eines Kontaktcafés für Substituierte

Sehr geehrter Herr Stadtkämmerer Scheller, ich halte es schon für ärgerlich, dass Sie als Stadtkämmerer jedes Jahr wieder aufs Neue kleine Haushaltsansätze im Sozialbereich – wie Beispielsweise die beiden Nothilfefonds – kürzen und wir jedes Jahr wieder die gleichen Diskussionen führen müssen. Schon jetzt stelle ich fest, dass wir bei allen Anträgen auch die mittelfristige Finanzplanung berücksichtigt haben. Aber seien Sie sich sicher: da kommt uns der ehemalige Sozialreferent nicht aus. Da bleiben wir dran. Im Zweifelsfall auch im nächsten Jahr.

Sonderprogramm zur Toilettensanierung an Schulen als vierter Schwerpunkt

Das 300-Millionen-Euro-Schulsanierungsprogramm, das von der SPD-Stadtratsfraktion in den Haushaltsberatungen für das Jahr 2017 beantragt und vom Stadtrat am 23.02.2017 beschlossen wurde, kommt gut voran. Im Ansatz für 2019 werden wir hier erstmals mit 16,7 Millionen Euro die Schwelle von 15 Millionen Euro überschreiten.

Doch wie wir inzwischen sehen ist der Investitionsstau an Würzburgs Schulen so groß, dass dieses vom Stadtrat geschnürte Paket gar nicht ausreicht. Die Einzelmaßnahmen an Schulen, die im Haushalt für 2019 mit 1,5 Millionen Euro etatisiert sind, reichen nicht aus, um dringend benötigte Einzelmaßnahmen zu tätigen. Ein besonderes Problem sind unsere Schultoiletten. Immer wieder ekeln sich Schülerinnen und Schüler vor unseren Schultoiletten und wollen diese deshalb nicht benutzen. Insgesamt besteht ein Sanierungsbedarf an 275 WC-Anlagen. Der finanzielle Gesamtaufwand wird auf rund 23 Mio. Euro, durchschnittlich 83.000 Euro pro Anlage, geschätzt. Deshalb beantragen wir zusätzlich zum 300-Millionen-Euro-Schulsanierungsprogramm ein Sonderprogramm zur Sanierung von Schultoiletten in Höhe von 5 Millionen Euro. Im Haushaltsplan 2019 soll hierfür erstmals eine Million Euro eingestellt werden. Bis 2023 soll jährlich eine Million Euro investiert werden. Wir wissen, dass dies nur ein kleiner Schritt ist und mehr Geld nötig wäre. Aber lieber gehen wir einen kleinen Schritt, als auf dem bisherigen Stand stehen zu bleiben.

Natürlich muss die städtische Schulverwaltung auch in die Lage versetzt werde, das zur Verfügung gestellte Geld auch tatsächlich zu verbauen. Dieses ist bei der Vielzahl an Aufgaben gar nicht so einfach möglich. Eigentlich ist die Kapazitätsgrenze schon längst erreicht. Deshalb haben wir – wie Sie aus den Stellenplanberatungen wissen – zwei zusätzliche Stellen in der Schulverwaltung beantragt. Ein zusätzlicher Techniker und eine zusätzliche Verwaltungskraft sollen die Schulverwaltung zukünftig unterstützen, damit das Schulsanierungsprogramm und das 5-Millionen-Sonderprogramm „Sanierung Schultoiletten“ auch tatsächlich abgearbeitet werden können.

Fünfter Schwerpunkt: Faulenbergkaserne aus dem Tiefschlaf erwecken

Last but not least setzen wir bei der Faulenberg-Kaserne einen fünften Schwerpunkt. Es kann nicht sein, dass die Stadtverwaltung zulässt, dass dieses Gelände weiter vor sich hin rottet. Die SPD-Stadtratsfraktion will den jahrelangen Stillstand an der Faulenbergkaserne endlich beenden. Seit dem Beschluss des Masterplans im September 2011 und dem Endbericht zum KfW-Förderprogramm „Energetische Stadtsanierung“ im Dezember 2013 gibt es keine nennenswerten Fortschritte. Die SPD-Stadtratsfraktion spricht sich für einen schnellen Ankauf des Geländes aus. Wir brauchen die Faulenbergkaserne im eigenen Besitz, damit wir sie zu dringend benötigtem Gewerbe- und Wohnraum umwandeln können. Deshalb beantragen wir zur Ermittlung der Altlasten auf dem Gelände 200.000,- Euro für Altlasten- und Bodengutachten. Mit diesen Untersuchungen soll das Risiko der Stadt für einen Ankauf des Geländes final geklärt werden.

Ich komme zum Schluss: wie ich zu Beginn meiner Rede gesagt habe, sind die Grundlage unseres finanziellen Handlungsrahmens die nach wie vor sehr guten Steuereinnahmen, die wiederum das Ergebnis einer starken Wirtschaftsleistung unseres Landes sind, auch in unserer Stadt. Hierauf möchte ich noch einmal zurückkommen und allen Arbeitnehmer*innen und Unternehmen danken, die durch Ihre Anstrengungen und Leistungen diese Entwicklung erst ermöglichen.

Außerdem möchte ich dem Stadtkämmerer, den hauptberuflichen Referenten und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Kämmerei und der gesamten Stadtverwaltung danken. Der vorgelegte Haushaltsentwurf ist präzise vorbereitet und vielfach vorbesprochen. Jetzt kommt es auf uns – den Stadtrat – an und was wir daraus machen. Deshalb wünsche ich uns gemeinsam eine glückliche Hand für die Beratungen.

Alle Anträge finden Sie hier.

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