Die Qual der Wahl

07. Juli 2015

Am Sonntag haben die Würzburgerinnen und Würzburger über das Mozart-Areal abgestimmt. Zumindest einige von ihnen. Mal wieder hat in unserer Stadt ein Bürgerentscheid stattgefunden und mal wieder war es für beide Seiten nicht einfach, die Bürgerinnen und Bürger zum Abstimmen zu motivieren. Die Beteiligung an solchen Abstimmungen ist noch geringer als die ohnehin schon niedrige Beteiligung an Wahlen. Natürlich liegt das auch daran, dass das Thema nicht alle Wählerinnen und Wähler unmittelbar betrifft, vielleicht auch nicht alle interessiert. Es fügt sich aber auch ein in eine seit Jahren sinkende Wahlbeteiligung, die besorgniserregend ist und ein schlechtes Signal für unsere Demokratie.

Demokratie und der ständige Austausch von Meinungen auf der Suche nach gemeinsamen Lösungen und Kompromissen ist anstrengend. Schon im Stadtrat sitzen 51 Personen (plus ReferentInnen) mit unterschiedlichen Positionen und Perspektiven. Bei der direkten Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an politischen Entscheidungen sind es noch mehr. Und trotzdem ist sie wichtig und vor allem eine demokratische Errungenschaft. Wie kann die Wahlbeteiligung aber dann wieder gesteigert werden?

Es gibt aktuell viele technische Vorschläge um die Wahlbeteiligung wieder zu erhöhen, z.B. Wahlen über mehrere Tage stattfinden zu lassen oder mobile Wahlkabinen einzusetzen. Diese Vorschläge mögen sinnvoll sein, sie greifen aber für das grundsätzliche Problem zu kurz. Es liegt ja meist nicht am Gang zum Wahllokal, dass die Menschen nicht wählen gehen, sondern daran, dass sie das Gefühl haben, ihre Stimme habe keinen Einfluss und die Parteien seien nicht voneinander zu unterscheiden. Wir brauchen daher wieder einen breiteren und kontroverseren politischen Diskussionsprozess und eine Abkehr vom Bild der "Alternativlosigkeit". Das hat auch im vorliegenden Fall eine große Rolle gespielt: Wer abstimmt braucht klare Alternativen. Eine wischi-waschi Formulierung, wie sie im Ratsbegehren stand, ist für solche Abstimmungen Gift. Wer abstimmt, muss auch wissen was er oder sie danach bekommt.

Was außerdem wirklich schade ist: Junge Menschen dürfen selbst auf kommunaler Ebene nicht an den Abstimmungen teilnehmen. Das halte ich für völlig überholt. Junge Menschen sind entgegen aller Vorurteile sehr politisch und können sich auch schon deutlich früher als mit 18 Jahren politisch positionieren. Ich fordere daher eine Absenkung des Wahlalters auf mindestens 16, langfristig besser auf 14 Jahre. Zum einen weil junge Menschen so mehr Mitbestimmungsrechte bekommen, zum anderen aber, weil Menschen so schon frühzeitig politisch sozialisiert werden. Gleichzeitig muss unbedingt mehr Politik- und Sozialkundeunterricht in den Schulen stattfinden. Auch die Ausweitung des Wahlrechts auf Menschen mit anderer Staatsangehörigkeit, die in Deutschland leben, ist ein wichtiger Schritt um eine breite Beteiligung zu ermöglichen. Aber natürlich sind auch technische Fragen, wie die Barrierefreiheit von Wahllokalen oder die Erleichterung der Briefwahlbeantragung wichtige Bausteine für eine steigende Wahlbeteiligung.

Ich finde das Bürgerbegehren auf kommunaler Ebene ein wichtiges Instrument. Bürgerinnen und Bürger können so Themen setzen und beeinflussen, die sie unmittelbar betreffen und sich einmischen, wenn sie mit der Politik des Stadtrates nicht einverstanden sind. Und vielleicht machen in Zukunft noch ein paar mehr von dem damit verbundenen Wahlrecht Gebrauch und mischen mit – ich würde mich freuen!

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