Hakuna matata! Was Kommunen alles bewirken können.

10. Februar 2016

Viele denken, wenn sie das K-Wort hören, an das, was direkt vor ihrer eigenen Haustür geschieht. Deswegen halten nicht wenige Menschen „Kommunales“ für etwas Eingeschränktes, sich in einem kleinen Wirkungskreis Bewegendes. Nicht selten begegnet man beispielsweise der Meinung, dass Kommunalpolitik etwas nicht so wichtiges sei, kaum eine Tragweite hätte. Landes-, Bundes- und Europapolitik, ja, da würde alles bewegt.

Ich möchte dem widersprechen. Da führe ich an dieser Stelle ein einfaches Beispiel an. Schon einmal von Mwanza gehört? Ja, es mag ein schwierig auszusprechendes Wort sein. Ganz langsam und zusammen: „Muuaaaansa“. Tatsächlich betitelt es eine der Partnerstädte unserer schönen Stadt.

Als ich vor fast einem Jahrzehnt nach Würzburg kam, war ich beeindruckt ob der Vielzahl unserer „sister cities“. Über den Globus spannt sich ein zartes Netz von Orten, die unser rot-gelbes Stadtwappen an prominenter Stelle abgebildet haben. Und wer sich zentrale Punkte in Würzburg genauer anschaut, beispielsweise unser Rathaus, kann erkennen, dass wir dadurch ziemlich international aufgestellt sind. Dafür gibt es auch ein sehr reges und kompetentes „Büro International“ am Grafeneckart.

Um dem eine Krone aufzusetzen: Würzburg und Mwanza sind 2016 seit ganzen fünf Jahrzehnten verpartnert. 50 Jahre! Was verbindet eine Stadt am Main mit einer Stadt am ostafrikanischen Viktoriasee? Da muss doch glatt der alte blaue Schulatlas vom Dachboden geholt werden, um zumindest erst einmal die Reiseroute nachvollziehen zu können.

Städtepartnerschaften sind schon früh in Deutschland nicht ungewöhnlich gewesen, sollten sie doch auch nach Zeiten globaler Zerrüttungen zu mehr Verständigung und Begegnung zwischen Staaten, Kontinenten und Kulturen führen. Weniger gewöhnlich allerdings waren Partnerschaften mit Städten in so genannten Entwicklungsländern. In den 1960er Jahren rief der Deutsche Städtetag dazu auf, dies zu ändern. Unsere Stadt nahm den Appell auf: Sie setzte ihn 1966 in die Tat um und bändelte mit der Stadt am Lake Victoria an. Mwanza in Tansania wurde bereits ein Jahr später Teil des kommunalen Würzburger Geschehens, als uns die erste Delegation mitsamt Lord Mayor (Oberbürgermeister) mit einem Besuch am Main beehrte. Das muss zu der Zeit eine Sensation gewesen sein.

Genauer hingeschaut, ist dies heute noch eine kleine Sensation. Die mit den langen Jahren ein wenig eingeschlafene Partnerschaft (bei allen regen Aktivitäten unseres hiesigen MWANZA e.V., der großartige humanitäre und kulturelle Arbeit leistet) wurde unter anderem durch Jugendaustausche wiederbelebt, die ich beruflich als frisch gebackene Würzburgerin ab 2007 mitorganisieren, koordinieren und begleiten konnte. Drei Schulen am Main nahmen mit einer Berufsschule in Mwanza an insgesamt fünf Bildungs-, Entwicklungs- und Kulturaustauschen teil. Beide Städte, Bildungseinrichtungen und unterstützende Würzburger Firmen und Bürger/innen sahen in diesen jeweils mehrwöchigen Aufenthalten eine sehr sinnvolle Idee: Die jungen Leute sollten unterschiedliche Lebenswelten und Kulturen kennen lernen, was auch ganz einfach zur Erweiterung des eigenen Horizonts beitragen sollte. Und alles Erfahrene sollte beide Kommunen bereichern.

Nicht lange dauerte es, bis Schüler/innen der Hauptschule Zellerau Praktika in Ostafrika, in einer scheinbar ganz anderen Welt, absolvierten. Bald darauf prägten das Würzburger Stadtbild Gruppen von jungen tansanischen Gästen, die über den Markt schlenderten, Institutionen besuchten und in der Klara-Oppenheimer-Schule ihre Kochkünste für die eigene Ausbildung verfeinerten oder sich in der Franz-Oberthür-Schule in den handwerklichen Künsten der Installation übten. In Mwanza selbst lernte unser Würzburger Nachwuchs das Einmaleins der ostafrikanischen Küche oder das Arbeiten an einer solarbetriebenen Warmwasser-Anlage. Während der Aufenthalte wurden aber auch zahlreiche soziale und kulturelle Projekte besucht und diskutiert. Gesellschaftliche und politische Fragen wurden gestellt. Es wurde vor allem gemeinsam gelebt, gefeiert und gelernt.

Das sind Begegnungen, die bei allen heutigen Möglichkeiten des Reisens trotzdem nahezu einmalig sind. Zwei weit voneinander entfernte Kommunen bringen Menschen zusammen, die einander sonst nie begegnet wären, im eigenen Arbeits- und Lernumfeld, aber auch ganz privat und persönlich. Hier sind bis heute Freundschaften entstanden, Lebenserfahrungen wurden gemacht, die prägen. Und ein besseres Verständnis dafür, dass wir, egal wo wir leben, einander so ähnlich sind und unsere Bedürfnisse im Leben verblüffend vergleichbar. Und dass der Zugang zum eigenen Glück im Leben unterschiedlicher kaum sein kann. Gerade in heutigen Zeiten eine Erkenntnis, die Demut erzeugt.

Aber nicht nur Begegnungen, sondern auch gemeinsame Klimaprojekte, soziale und medizinische Partnerschaften und starkes gegenseitiges Interesse am Geschehen beider Städte eint diese besondere Verbindung.

Die Partnerschaft mit Mwanza bringt viel sonnige Lebensfreude und Freundschaft an den Main. Dass sich dies seit 50 Jahren hält – ja, es ist eine Sensation. Und ich wünsche mir, dass es noch eine ganze Weile so weitergeht.

Wer jetzt noch behauptet, „Kommunales“ würde einen kleinen Wirkungskreis haben… der schaue sich doch einfach mal an, was zu Ehren dieser besonderen Partnerschaft 2016 alles an „Interkontinentalem“ vor unserer eigenen Haustür veranstaltet wird.

In diesem Sinne: Karibuni sana, rafiki!!

Teilen