Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrter Herr Stadtkämmerer,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine sind wir an einer Zeitenwende angekommen. Plötzlich herrscht Krieg auf dem europäischen Kontinent. Ein Krieg, in dem die Atommacht Russland der Ukraine als brutaler Aggressor gegenübertritt. Eine Situation, die ich mir in meinem noch relativ jungen Alter nicht hätte vorstellen können. Wir verurteilen den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine auf das Schärfste.
Klar ist: dieser Krieg geht nicht an den Menschen in der Ukraine vorbei, dieser Krieg geht nicht an den Menschen in Russland vorbei, dieser Krieg geht nicht an Europa und der ganzen Welt vorbei. Und dieser Haushaltsentwurf zeigt: dieser Krieg geht auch nicht an der Stadt Würzburg vorbei.
Seit 2008 – also seit 14 Jahren – gehöre ich diesem Stadtrat an und ich muss nüchtern akzeptieren: die guten Jahre sind erst einmal vorbei. Schon in den letzten Jahren war klar, dass sich der Finanzspielraum der Stadt Würzburg in den kommenden Jahren einengen wird. Die Folgen des Krieges mit Energiepreissteigerung und Inflation verschärfen die Situation um ein Vielfaches. Der Haushaltsplan für das Jahr 2023 schließt mit einem Defizit von 22,5 Millionen Euro ab. Ich wiederhole: zweiundzwanzigeinhalb Millionen Euro Defizit! Dieses Defizit soll durch eine Rücklagenentnahme von 14,2 Millionen Euro und eine Kreditaufnahme von 8,3 Millionen Euro gedeckt werden.
Ende 2025 sollen laut städtischem Haushaltsentwurf alle Rücklagen von 32,2 Millionen Euro aufgebraucht sein – auch die Sonderrücklage Straßenbahn i.H.v. 17 Millionen Euro. Die Pflichtzuführung vom Verwaltungs¬haushalt zum Vermögenshaushalt in Höhe von 8,3 Millionen Euro wird nicht erreicht. Stadtkämmerer Robert Scheller konnte hier nur 4,1 Millionen Euro einplanen. Auch deshalb steht die Genehmigungs¬fähigkeit des städtischen Haushalts durch die Regierung von Unterfranken auf dem Spiel.
Aufgrund der dramatischen Situation haben wir als SPD-Stadtratsfraktion darauf geachtet, dass wir keine zusätzlichen Ausgaben in die Haushaltsberatungen einbringen. Wir beschränken uns bei unseren Anträgen auf das aktuelle Ausgabenniveau. Den Anträgen der SPD-Fraktion in Höhe von 995.000,- Euro stehen Einsparvorschläge in Höhe von 1.010.000,- Euro gegenüber. Konkret schlagen wir folgende Einsparungen vor:
• Die Ausgaben für die Multifunktionsarena sollen 2023 auf 50.000,- Euro reduziert werden. Die restlichen 450.000,- Euro sollen ins Jahr 2024 geschoben werden. • Die geplante Umgestaltung des Brückenkopfs der Alten Mainbrücke soll aus unserer Sicht entfallen.
Eigentlich hätten wir gerne mit den anderen Fraktionen über weitere konkrete Verbesserungen im ÖPNV, beim Radverkehr und für mehr Klimaschutz beraten. Doch dieser Haushalt bietet nicht die Basis für eigene Wünsche. Es gilt, den Ist-Stand halbwegs zu bewahren.
Natürlich befürworten wir die Taktverdichtung der Straßenbahn und die kostenlose City-Zone im Innenstadtbereich. Diese Anträge hätten wir auch gerne gestellt. Doch angesichts der aktuellen finanziellen Situation sind solche Wünsche nicht machbar.
Unser oberstes Ziel ist der Bau der Straßenbahnlinie zum Hubland. Die „Linie 6“ ist für unsere Stadt das bedeutende ökologische Verkehrsprojekt der Gegenwart. Die Hublandlinie entlastet die Luft von Auto- und Busabgasen. 16.000 PKW-Kilometer und 2.100 Bus-Kilometer pro Werktag werden dadurch vermieden. Aufgrund der aktuellen Haushaltssituation ist dieses Ziel unsicherer als je zuvor.
Das Bündnis „Besser leben im Bischofshut“ beantragt jetzt die Taktverdichtung für die Straßenbahn. Damit sind 2023 Kosten in Höhe von 400.000,- Euro und ab 2024 jährlich Kosten in Höhe von 1.400.000,- € verbunden. Natürlich wäre diese Taktverdichtung wünschenswert.
Genau so geht es uns mit dem Antrag der CSU. Die 1.000.000,- Euro für energetische Sanierung an Schulen sind natürlich richtig und wünschenswert. Sie ist sogar rentierlich und amortisiert sich mittelfristig.
Aber, ich frage ernsthaft: Wie wollen Sie das bezahlen? Die Null-Zins-Phase ist vorbei. Der Kommunalkredit steht inzwischen bei rund 3 Prozent. Wie bringen Sie das damit verbundene Defizit mit dem gemeinsamen Ziel einer Straßenbahnlinie zum Hubland zusammen?
Ich wiederhole: Ende 2025 sollen laut städtischem Haushaltsentwurf alle Rücklagen von 32,2 Millionen Euro aufgebraucht sein – auch die Sonderrücklage Straßenbahn in Höhe von 17 Millionen Euro. Diese Haushaltsberatungen entscheiden auch darüber, ob wir der Straßenbahnlinie zum Hubland näherkommen oder ob wir uns davon weiter entfernen.
Wer jetzt den städtischen Haushalt überspannt, riskiert damit, dass das bedeutendste ökologische Verkehrsprojekt der Gegenwart scheitert.
Zwei Großprojekte kamen mir in den Haushaltsreden der bisherigen Fraktionen zu kurz:
Das Mainfrankentheater müssen wir jetzt wohl oder übel zu Ende bringen. Und die Straßenbahn zum Hubland ist unser ökologisches Herzensprojekt, dass wir seit über 20 Jahren gemeinsam miteinander planen. Beide Projekte führen uns an die Grenze des Machbaren. Deshalb haben wir beantragt, dass der Stadtrat die Stadtverwaltung dazu beauftragt, dass sie noch einmal für beide Maßnahmen mit der Staatsregierung über die Erhöhung der Zuschüsse in Verhandlung tritt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, kein Jahr ist besser dafür geeignet als ein Jahr der Landtagswahl.
Daneben beantragen wir unter anderem:
Gerade die zwei Trinkwasserbrunnen sind mein persönliches Herzensprojekt. Ich ärgere mich immer noch, dass unser Antrag aus 2019 noch immer auf der Liste der nicht erledigten Anträge steht. Ich frage: sind die Hitzesommer in Würzburg noch nicht angekommen? Auch das Geld dafür war bereits beantragt und wurde in den Haushaltsberatungen so beraten, dass der Antrag „aus Boardmitteln“ abgearbeitet werden soll. Der Kommentar in der Liste der nicht bearbeiteten Anträge ist ein schlechter Witz: Die „FA Hochbau unterhält nur Brunnen (keine Trinkbrunnen)“. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wette: die Stadtverwaltung schafft es nicht, dass im kommenden Sommer zwei öffentliche Trinkwasserbrunnen in Würzburg ans Netz gehen. Herr Stadtbaurat Schneider, wetten Sie dagegen?
Ich komme zum Schluss: als SPD-Stadtratsfraktion fühlen wir uns einem genehmigungsfähigen Haushalt verpflichtet. Wir wollen eine haushaltslose Zeit verhindern. Die Konsequenz wäre, dass nur noch Pflichtaufgaben geleistet werden können. Dies möchten wir auch besonders aus sozialpolitischen Gründen vermeiden. Für viele Institutionen im Sozial- und Kulturbereich wäre das eine Katastrophe.
Grundsätzlich stelle ich für die SPD-Fraktion fest: Wir lehnen Steuererhöhungen im Haushaltsjahr 2023 ab. In einer Zeit mit einer Inflation von rund 10 Prozent dürfen wir unsere Steuern nicht erhöhen und die Bürger*innen noch zusätzlich mehr belasten. Auch lehnen wir ab, dass durch den Stadtrat einseitig andere Prognosen für Steuereinnahmen (z.B. Mehrwertsteuer) vorgenommen werden, als von der Kämmerei. Wir erwarten uns, dass wir uns gemeinsam auf das wirklich nötige beschränken.
Mein Dank gilt dem Stadtkämmerer, den Mitarbeiterinnen in der Kämmerei und allen Mitarbeiterinnen, die im Vorfeld den städtischen Haushaltsentwurf für unsere Beratungen aufbereitet haben.
Ich schließe mit einem Zitat von Curt Goetz:
„Man sollte die Dinge so nehmen wie sie kommen. Aber man sollte auch dafür sorgen, dass die Dinge so kommen, wie man sie nehmen möchte“
In diesem Sinne wünsche ich uns allen gute Beratungen.