Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrter Herr Stadtkämmerer, liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Welt ist in Unruhe – vier große Krisen halten Deutschland, Europa und die Welt seit 2015 in Atem.
Alle gerade genannten Krisen hatten und haben auch ihre Auswirkungen auf unsere Stadtgesellschaft in Würzburg. Mein Eindruck ist: viele Menschen sind erschöpft von der dauernden Krisensituation und von den Herausforderungen, welche die Krisen für sie und ihr Umfeld ganz konkret bedeutet haben und noch immer bedeuten.
Seit den letzten Haushaltsberatungen für das Jahr 2023 sehen wir außerdem, dass sich die dauerhafte Krisensituation ganz konkret bei uns in Würzburg im städtischen Haushalt niederschlägt. Schon bei den Haushaltsberatungen für das Jahr 2023 stand die Frage der Genehmigungsfähigkeit des Haushalts durch die Regierung von Unterfranken immer mit im Raum.
Die Situation ist leider seit letztem Herbst nicht besser geworden!
Im Haushaltsentwurf für 2024 nimmt Stadtkämmerer Robert Scheller an einer Vielzahl an Haushaltsstellen eine pauschale Kürzung von 10 Prozent vor – auch deshalb, weil die Regierung von Unterfranken das lange akzeptierte und gute Mittel der sogenannten „Globalen Minderausgabe“ untersagt hat. Und trotz der pauschalen Einsparung von 10 Prozent rechnet Stadtkämmerer Robert Scheller in seinem Haushaltsentwurf im kommenden Jahr 2024 mit einer Entnahme aus der Allgemeinen Rücklage in Höhe von 15,6 Millionen Euro.
Wie viel es wirklich wird? Es liegt an uns!
Zu Beginn dieser Haushaltsberatungen möchte ich auf ein Problem aufmerksam machen, welches nur Stadtrat und Stadtverwaltung gemeinsam lösen können: Das Problem der Haushaltsausgabereste. Hier lohnt sich der der Blick in den aktuellen Bericht des Rechnungsprüfungsamtes ab Seite 59. Haushaltsausgabereste sind Ausgabeansätze, die in das folgende Jahr übertragen werden müssen, weil sie nicht wie geplant verausgabt werden konnten.
So wurden 2022 im Vermögenshaushalt Haushaltsausgabereste in Höhe von 39.233.545,09 Euro neu gebildet. Aus dem Vorjahr wurden darüber hinaus Haushaltsausgabereste in Höhe von 18.232.472,89 in den Haushalt übertragen. In Summe ergibt sich die unglaubliche Summe von Haushaltsresten in Höhe von 57.466.017,98 Euro.
Die auf das Jahr 2023 übertragenen Haushaltsausgabereste entsprechen 60,28 Prozent der veranschlagten Ausgaben des Vermögenshaushalts 2023.
Bezüglich den übertragenen Haushaltsausgaberesten zeigt sich gegenüber dem Vorjahreswert (d. h. aus 2022 und Vorjahren) eine Erhöhung um etwa 6,355 Mio. € (= 12,43 %).
Ich zitiere aus dem Bericht des Rechnungsprüfungsamtes: „Die zusätzlichen Mittelbereitstellungen sind grundsätzlich zu überdenken, vor allem dann, wenn ein übermäßiger Anteil dieser Mittel nicht im selben Haushaltsjahr verausgabt werden kann.“
Ich stelle fest: unser Ziel darf also nicht mehr Geld für immer neue Maßnahmen sein. Unser Ziel muss erst einmal sein, dass wir die richtige Höhe der benötigten Mittel festlegen und den richtigen Zeitpunkt für den tatsächlichen Abfluss des Geldes finden.
Dafür brauchen wir vor allem Sie, geschätzte Referentinnen und Referenten. Wenn es uns gemeinsam gelingt, dass wir Haushaltsausgabereste möglichst gut reduzieren, dann bleibt uns allen mehr Spielraum im städtischen Haushalt.
Mehr Spielräume im städtischen Haushalt wünschen wir uns als SPD-Stadtratsfraktion in den Bereichen Soziales, Stadtentwicklung, Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs und Verbesserung des Klimaschutzes.
Soziales: Ein Ziel ist für uns, dass der Bildungs- und Sozialbereich weiter gestärkt wird. Das fängt für uns bei den Kleinsten an. Erst am 28.09.2023 haben wir im Stadtrat eine Investitionskostenförderung an die gemeinnützigen und freien Träger von Kindertagesstädten einstimmig mit 43:0 beschlossen. Gemeinsam haben wir beschlossen, dass die Stadt Würzburg ab dem 01.01.2024 für Neu-, Umbauten, Erweiterungsbauten, Generalsanierungen, Teilsanierungen und Erwerb von Gebäuden von bedarfsnotwendigen anerkannten Kindertageseinrichtungen im Stadtgebiet einen Baukostenzuschuss von 80 Prozent der Gesamtkosten leistet.
Die Situation auf dem Baugewerbe, einerseits bedingt durch die hohe Nachfrage anderseits durch Lieferengpässe, hat eine dynamische Kostenentwicklung hervorgerufen. Dies hat zur Folge, dass die Differenz zwischen förderfähigen und tatsächlichen Kosten in den letzten Jahren stetig angestiegen ist und der Eigenanteil für die Maßnahmenträger kaum noch zu finanzieren ist. Mit der neuen Förderregelung der Investitionskosten bei den Kita-Baumaßnahmen soll der Aufbau und der Erhalt der Plätze der Kindertagesstätten der freigemeinnützigen und sonstigen Träger, die derzeit über 90 Prozent der Kita-Plätze in Würzburg betreiben, sichergestellt werden.
Deshalb beantragt die SPD-Stadtratsfraktion, dass die Kommunale Sonderförderung für Kitas – wie ursprünglich beschlossen – in Höhe von 600.000,- Euro in den Haushalt eingeplant wird. Bislang hat die Kämmerei 0,- Euro eingeplant.
Stadtentwicklung: Stadtentwicklung und Verkehrswende treffen an einem Ort zusammen. Den Würzburger Busbahnhof – in der Fachsprache auch ZOB genannt. Er ist für viele Gäste, die neu in Würzburg ankommen, die erste Visitenkarte unserer Stadt. Um ehrlich zu sein: für viele Menschen ist er eher ein Schandfleck. Darüber hinaus ist er aber auch Teil der Mobilitätsdrehscheibe in die gesamte Region, die wesentliche Funktionen für eine moderne Nutzung leisten muss. Und sind wir noch einmal ehrlich: Der gegenwärtige Busbahnhof wird schon alleine technisch den Anforderungen an einen zeitgemäßen ÖPNV nicht mehr gerecht. Ich frage Sie: Sind Sie einmal in der Bismarckstraße bei strömendem Regen in einen Bus gestiegen? Mussten Sie auf den Bus warten? Ohne Überdachung, im Matsch. Wie sahen Ihre Schuhe danach aus? Wer diese Erfahrung gemacht hat, der nimmt beim nächsten Mal lieber das Auto.
Als SPD-Stadtratsfraktion haben wir eine andere Vorstellung von unserem Würzburger Busbahnhof. Deshalb beantragen wir Planungsmittel in Höhe von 350.000,- Euro. Wir wollen, dass unser Busbahnhof wieder zu einer Visitenkarte für unsere Stadt wird und wir wollen, dass er zukünftigen Anforderungen an eine moderne Nutzung gerecht wird.
Öffentlicher Personennahverkehr: Weil wir gerade beim ÖPNV sind: ich möchte an dieser Stelle feststellen, dass wir als SPD von Anfang an Antreiber für den Bau der Straßenbahnlinie 6 zum Hubland waren. Deshalb begrüßen wir sehr, dass es jetzt endlich los geht und die Linie 6 jetzt mit den Städtebaulichen Begleitmaßnahmen in Höhe von 160.000,- Euro im Haushaltsentwurf findet. Die Botschaft ist: die Linie 6 kommt. Wir alle sind überzeugt, dass die Berechnung des Volkswirtschaftlichen Nutzens für die Förderfähigkeit nur noch eine Formsache ist. Mit diesem Projekt bringen wir Umwelt- und Klimaschutz ganz konkret voran. Mit rund 28.000 Fahrgästen wird die Linie 6 zum Hubland Würzburgs meist genutzte Straßenbahnlinie. 16.000 PKW-Kilometer und 2.100 Bus-Kilometer pro Werktag werden dadurch vermieden. Aber ich will auch ehrlich sein: diese Straßenbahntrasse wird uns im städtischen Haushalt und im WVV-Konzern in den nächsten Jahren vor große Herausforderungen stellen. Auch werden hierdurch Einschränkungen an anderer Stelle nötig werden.
Bürgerbeteiligung: Als SPD nehmen wir Bürgerinnenbeteiligung ernst und wollen diese fördern. Ein wesentliches Element unserer Stadtplanung sind hierbei die Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzepte (kurz ISEK). Wir halten es für falsch, wenn gerade in Versbach unter Beteiligung von vielen Bürgerinnen ein sogenannter „dritter Ort“ geplant wird und die Planungen dem Stadtrat nicht vor den Haushaltsberatungen vorgestellt werden. Das verursacht Politikverdrossenheit bei den Menschen. Ich stelle fest: der Kulturreferent hat seine Hausaufgaben gemacht, die Planungen liegen der Stadtverwaltung vor und die Planer blieben innerhalb der von mir vorgeschlagenen Kostenhöhe von 1,3 bis 1,5 Millionen Euro. Bürger*innenbeteiligung lebt davon, dass Beteiligungsprozesse auch zeitnah umgesetzt werden. Das wollen wir. Deshalb beantragen wir im Jahr 2024 einen Betrag von 200.000,- Euro für das Bürgerhaus Versbach und eine Verpflichtungsermächtigung (VE) i.H.v. 1,3 Millionen Euro für das Jahr 2025.
Ehrenamtspauschale für die Freiwillige Feuerwehr Ich sprach zu Beginn meiner Rede von der dauerhaften Krisensituation seit 2015 und den Herausforderungen, welche die vier Krisen in den letzten Jahren für unsere Stadtgesellschaft gebracht haben. Viele haben durch ihr Engagement dazu beigetragen, dass wir diese Krisen gut bewältigen konnten und können. Auf städtischer Seite möchte ich eine Personengruppe nennen, die sich in besonders herausragender Weise eingebracht hat: unsere freiwilligen Feuerwehrmänner und Feuerwehrfrauen.
Die Ehrenamtlichen in der Freiwilligen Feuerwehr sind für die Stadt Würzburg rund um die Uhr im Einsatz und riskieren regelmäßig ihre Gesundheit für uns. Deshalb möchten wir dieses Engagement für unsere Stadtgesellschaft auch sichtbar wertschätzen. Zukünftig sollen – wenn es nach dem Willen der SPD-Fraktion geht - alle ehrenamtlichen Feuerwehrleute in der Freiwilligen Feuerwehr eine steuerfreie Ehrenamtspauschale von 450,- Euro pro Jahr bekommen. Hierfür beantragt die SPD-Fraktion 160.000,- Euro.
Ich komme zum Schluss: Insgesamt stellt die SPD-Fraktion 40 Anträge in Höhe von rund 3,9 Millionen Euro. Stadtkämmerer Robert Scheller hat in seinem Haushaltsentwurf für 2024 selbst eine Entnahme aus der Allgemeinen Rücklage von 15,6 Millionen Euro veranschlagt. Geht es nach der SPD-Fraktion müssen somit weitere 3,9 Millionen Euro aus der Allgemeinen Rücklage entnommen werden. Damit wären am Ende des Jahres 2024 noch rund 10,7 Millionen Euro in der Allgemeinen Rücklage verfügbar.
Ich danke allen Steuerzahler*innen, die mit ihren Steuerzahlungen den Rahmen für unsere Entscheidungen vorgeben und deren Geld wir hier im Namen der gesamten Stadtgesellschaft verwenden.
Außerdem gilt mein Dank dem Stadtkämmerer, den Mitarbeiterinnen in der Kämmerei, den Referentinnen und allen Mitarbeiter*innen, die im Vorfeld den städtischen Haushaltsentwurf für unsere Beratungen aufbereitet haben.
Ich wünsche unseren Beratungen einen guten Verlauf.