Zum 125. Geburtstag von Herta Mannheimer

12. Mai 2016

In Gedenken an eine bemerkenswerte Sozialdemokratin

Vor 125 Jahren, am 06. Mai 1891 wurde Herta Mannheimer in Bütthard geboren. Die Familie Mannheimer kam 1905 von Bütthard nach Heidingsfeld. Sie wohnten im Haus Nr. 162, der späteren Kirchgasse 12. Der Vater Salomon war Mehl- und Produktenhändler, später Kolonialwarenhändler.

Am 19. Oktober 1911 erwarb er das Bürgerrecht zu Heidingsfeld. Die Mutter Johanna verstarb sehr früh am 08.02.1917 in Würzburg. Herta Mannheimer musste als älteste Tochter die Rolle der Mutter übernehmen. Eine ihrer beiden jüngeren Schwestern Selma heiratete noch im gleichen Jahr den aus Karlsruhe stammenden Kaufmann Karl Rosenfeld. 1917 erhielt die Krankenpflegerin das König Ludwig-Kreuz (Quelle: Meldung im Frankfurter Israelitischen Familienblatt vom 2. März 1917). Das König Ludwig-Kreuz wurde von König Ludwig III. von Bayern als Zeichen ehrender und dankbarer Anerkennung für Personen gestiftet, die während des Ersten Weltkrieges durch freiwillige Tätigkeit in der Heimat besondere Verdienste um die bayerische Armee oder um die Wohlfahrt des Landes erworben haben. Herta Mannheimer engagierte sich im jüdischen Kulturbund und in der Turngemeinde Heidingsfeld, deren Damenriege sie leitete. Wann Herta Mannheimer in die SPD eingetreten ist, konnte bislang noch nicht geklärt werden. Bei den Kommunalwahlen 1926 wurde sie als SPD-Kandidatin und einzige Frau in den Stadtrat von Heidingsfeld gewählt. Sie war in dieser Zeit Mitglied im Schulausschuss und im Armenrat. Diese Ämter führte sie bis zur Eingemeindung Heidingsfelds nach Würzburg am 01.01.1930 aus. Im Jahre 1927, mit zunehmender antijüdischer Boykottpropaganda, beschließt ihre jüngere Schwester Berta, die als Pflegerin ausgebildet war, sich nach New York abzumelden. Sie verlässt Deutschland am 13. April 1927 mit dem Schiff „President Harding“. Die Situation der Juden und Andersdenkenden verschlechterte sich schleichend. Am 31. März 1933 rief der Gauleiter von Mainfranken zum Boykott jüdischer Geschäftsleute, Ärzte und Rechtsanwälte auf. Die SPD wurde am 22. Juni 1933 verboten und ihre Funktionäre in Haft genommen. Herta Mannheimer blieb trotz dieser gefährlichen Zeit bei ihrem Vater in Heidingsfeld. Am 14. März 1937 verstarb er und wurde auf dem jüdischen Friedhof in Heidingsfeld beigesetzt. Herta Mannheimer emigrierte im August 1937 nach Holland, wo sie ab dem 20. September 1937 in der Woningkaarten's Gravenhagen / Den Haag registriert war, mit dem schriftlichen Hinweis „ von Würzburg gekommen, Ziel der Anwesenheit sich bleibend hier anzusiedeln, die vorläufige Aufenthaltserlaubnis wurde erteilt.“ Sie wohnte in der van Hogenhoucklaan 60 b, die Vermieterin war eine Witwe Wolf, geborene Loewenthal. Nach der Kapitulation der holländischen Armee am 14.05.1940 begann die deutsche Besatzungszeit. Einige Tage später zog Herta Mannheimer nach Maartensdijk / Utrecht, Prof. Pullelaann 15. Dort wohnte sie zusammen mit einer deutsch-jüdischen Familie bis zum 17.09.1942. Nach und nach verschlechterte sich die Situation der Juden in Holland. Im Januar 1941 wurde die Meldepflicht für alle jüdischen Bürgerinnen und Bürger eingeführt. Im Mai 1942 wurde den etwa 140 000 in Holland lebenden Juden das Tragen des gelben Sterns zur Pflicht gemacht. Herta Mannheimer musste von nun an als zweiten Vornamen „Sara“ führen, aus Herta Hefa wurde Herta Sara Mannheimer.

Im Juli 1942 begann die systematische Vernichtung der in Holland lebenden Juden. Herta Mannheimer war ab dem 17.09.1942 in Maartensdijk abgemeldet, aber erst einen Monat später in Amsterdam, Merwedeplein 37 registriert. In diesem Haus lebte von 1934 bis zum 10. Juli 1942 auch die Familie von Anne Frank. Wahrscheinlich lebte Herta zusammen mit anderen Menschen in der ehemaligen Wohnung von Anne Frank. Am 09.03.1943 wurde Herta Mannheimer in das Durchgangslager Westerbork, Baracke 61 verschleppt, von dort aus am 07. September mit dem Zug nach Auschwitz deportiert und am Tag der Ankunft am 10.09.1943 in der Gaskammer ermordet.

Mittels einer Anzeige in der Zeitschrift „Der Weg Zeitschrift für Fragen des Judentums“, Jahrgang 1, Nummer 13, Berlin 24. Mai 1946, suchte ein Mann namens Max Schwarzwälder aus Berlin-Weißensee nach Auskunft über den Verbleib von „Hertha Mannheimer“ (Quelle: gerechte-der-pflege.net). Schwarzwälder hatte vermutlich die Hoffnung, dass Herta Mannheimer ihre Deportation überlebt hat.

An Herta Mannheimer erinnern heute eine Straße am Katzenberg (Herta-Mannheimer-Weg) und ein im Jahr 2007 verlegter Stolperstein an dem Standort ihres ehemaligen Wohnhauses in der Kirchgasse 12 in Heidingsfeld. Diese Adresse existiert allerdings nicht mehr. Der Stolperstein befindet sich in der Kirchgasse vor den Garagen des Hauses an der Ecke zur Stengerstraße 1. Die Patenschaft für diesen Stolperstein übernahm die Würzburger SPD-Stadtratsfraktion mit ihrem damaligen Vorsitzenden Hans-Werner Loew.

Von Robert Schult und Udo Feldinger

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